Sonntag, 6. Juli 2014

Mit Bilderbüchern fängt alles an …

… oder wie Goethe schon sagte: „Vorlesen ist die Mutter des Lesens.“


Vorlesen fördert schon früh die Lesekompetenz und stärkt die Konzentration, aber auch für die Familie ist es ein besonderes Erlebnis.
Aus meiner eigenen Familie weiß ich, wie wichtig und vor allem wie schön Vorlesen sein kann. Das allabendliche Ritual, wenn mein Papa zunächst mir, später dann auch meiner Schwester vorgelesen hat. Für uns Schwestern kam dann irgendwann der große Wunsch auf, selbst lesen zu können, damit wir unserem Papa vorlesen konnten. Vorlesen ist etwas, das ich jedem Kind wünsche.
Nachdem wir unseren Betriebsausflug 2013 schon in die Oberhausener 
Ludwigsgalerie zur Ausstellung „Tintenherz, Wilde Hühner und Gespensterjäger“ verlegt haben, und uns dort von Cornelia Funkes Illustrationen haben faszinieren lassen, war für mich klar, dass die IllustratorInnen deutlich mehr beachtet werden müssen. Jeder spricht zwar über die „schönen Bilder“ in Kinderbüchern, aber trotzdem kommt es mir manchmal vor, dass der Fokus trotz allem mehr auf der Geschichte des Buches liegt. Was ja an sich nicht verkehrt ist. 


Bildquelle: www.io-home.org
Dennoch möchte ich Ihnen an dieser Stelle eine Illustratorin ans Herz legen, deren Zeichnungen mich jetzt schon seit einiger Zeit begeistern: Joelle Tourlonias. Ihre Bilder haben etwas ganz Eigenes, das man sofort wiedererkennt. 
Als ich plante, ein Schaufenster nur mit ihren Illustrationen (und natürlich den Büchern, die sie illustrierte) zu gestalten, schrieb ich Kinderbuch- Verlage an, um nach Postern und Zeichnungen zu fragen. Einige unterstützten mich tatkräftig, an dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank dafür! Dann bekam ich den Tipp, Frau Tourlonias doch einmal selbst zu kontaktieren, da sie bestimmt Entwürfe hat, die sie mir vielleicht zur Verfügung stellen kann. 
Und so kamen wir ins Gespräch und Frau Tourlonias erklärte sich zu einem kleinen Interview bereit (nachfolgend abgedruckt). Nach einem langen und interessanten Telefongespräch, erlaubte sie mir auch, einige Zeichnungen auszuleihen, um diese präsentieren zu können. 


NW: Frau Tourlonias, Sie haben Visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Illustration und Malerei an der Bauhaus Universität Weimar studiert. War zu diesem Zeitpunkt für Sie schon klar, dass Sie später mal (Kinder-) Bücher illustrieren möchten?
JT: Eigentlich wollte ich nur malen - ob Aquarell oder Öl oder mit Bleistift, völlig egal. Ab dem zweiten Semester kamen dann IllustratorInnen aus der Kinderbuchwelt als Gastdozenten an die Uni, z. B. mein Idol aus Kindertagen Jutta Bauer, oder auch Philip Waechter und Sophie Schmid. Irgendwie lag dann Kinderbuchillustration nahe. Allein schon deswegen, weil die drei viel über ihren Beruf erzählt haben: wie das funktioniert, wie man an Aufträge kommt, etc. Also habe ich diesen Weg mal ausprobiert. Außerdem war Werner Holzwarth mein Diplomprüfer, wenn das kein gutes Omen war.

NW: Dann haben Sie sich dazu entschieden, sich selbstständig zu machen. Wie funktionierte das? Sind Sie z. B. zur Frankfurter Buchmesse gefahren und haben sich dort persönlich den Verlagen vorgestellt?  Wie hebt man sich von den anderen Illustratoren, die dort ebenfalls vorstellig werden, ab?
JT: Zunächst einmal bedeutet es sehr viel Papierkram, etwas, das man so nicht an der Uni lernt. Und es bedeutet, zu Beginn jedenfalls, Abhängigkeit von den Eltern, dem Partner, etc. Am Anfang bekommt man ja nicht sofort Aufträge, erstmal hagelt es ständig Absagen. Irgendwann habe ich mich bei mehreren Illustrations- Agenturen beworben, von denen nur eine einzige geantwortet hat und das nicht besonders freundlich. So etwas ist sehr frustrierend. Dann bin ich natürlich zur Frankfurter Buchmesse gefahren, und nach Bologna/ Italien zur Kinderbuchmesse und habe mich dort mit meiner Mappe bei sämtlichen Verlagen in die Schlange gestellt.
Sie fragen, wie man sich abhebt - ich habe erst nach der dritten oder vierten Messe verstanden, dass da etwas passieren muss, damit man im Gedächtnis bleibt. Also habe ich teilweise meine Haare signalrot gefärbt. Hat funktioniert. Auf der Messe habe ich meine ersten drei Aufträge an Land gezogen.

NW: Wie kommen Sie an neue Aufträge? Melden sich die Verlage bei Ihnen?
JT: Kontakte pflegen! Manchmal rufe ich mich mit einer Mail wieder in Erinnerung und gehe natürlich weiterhin zu den Messen. Wenn man einmal den Fuß in  der Tür hat, läuft es fast von alleine und die Verlage melden sich dann mit Anfragen. Selbstverständlich sollte man immer den bestmöglichen Eindruck hinterlassen: „work hard & be nice to people“. 

NW: Bekommen Sie das vollständige Manuskript eines Buches und entwerfen die Zeichnungen selbst dazu? Halten Sie Rücksprache mit den AutorInnen oder nur mit dem Verlag? KönnenSie kurz erläutern, wie so ein „Schaffensprozess“ bei Ihnen abläuft?
JT: Erst bekomme ich eine Anfrage, ob ich auf dieses oder jenes Projekt Lust hätte: Bilder- oder Vorlesebücher, Bücher für Erstleser. Mal steht nur das Thema fest, meistens existiert auch schon das Manuskript. Dann verhandeln wir über den Umfang, das Honorar, Abgabetermine, etc. Wenn das alles geklärt ist, lege ich los. 
Bei einem Bilderbuch mache ich meistens erst ein kleines grobes Storyboard, damit der Lektor ungefähr weiß, was ich vorhabe. Dann entwerfe ich die Figuren. Wenn beides abgesegnet ist, beginne ich mit den Reinzeichnungen, koloriere sie, und nach ein paar Korrekturläufen ist das Buch dann fertig.
Der Autor ist fast nie involviert, was einerseits schade ist, da man sich gegenseitig sicher gut austauschen könnte, andererseits ist es einfacher, weil man dann nicht viele Parteien hat, die man zufriedenstellen muss. Wie ich festgestellt habe, ist es sehr von Vorteil, wenn die Lektorin/ der Lektor und ich einen ähnlichen Geschmack haben - das erleichtert die Zusammenarbeit ungemein. 

Joelle Tourlonias' eigener Blog. Hier findet Ihr noch mehr Illustrationen von ihr.

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