Montag, 23. November 2015

Vielversprechendes Debüt

Bildquelle: www.suhrkamp.de
Jan Ellison
Das Jahr, in dem ich zwanzig wurde
Aus dem Englischen von Christel Dormagen

Insel Taschenbuch; € 14,99
9783458359937


„Das Jahr, in dem ich zwanzig wurde" ist ein sehr faszinierender Roman über die kleinen (und großen) Lügen des Lebens, über unausgesprochene Vergehen und deren Folgen. Aber die Autorin versucht auch zu zeigen, was Liebe mit uns machen kann, bzw. was Menschen mit uns machen, die wir lieben oder die wir glauben zu lieben.

Annie Black ist glücklich verheiratet und Mutter von drei Kindern. Mit ihrem Mann und ihren beiden kleinen Töchtern lebt sie in einem Vorort von San Francisco, ihr Sohn Robbie ist bereits aus dem elterlichen Haus ausgezogen und studiert.
Sie hat sich vor einigen Jahren mit einem kleinen Lampengeschäft selbstständig gemacht und führt ein sehr glückliches und zufriedenes Leben, es könnte kaum besser laufen.
Doch plötzlich nimmt ihr Leben eine unerwartete und dramatische Wendung. Zunächst beginnt alles scheinbar harmlos: eines Tages erhält sie einen Briefumschlag, in dem sich ein zwanzig Jahre altes Foto von ihr befindet.
Annie beginnt, sich an diese Zeit zu erinnern, jedoch denkt sie sich nichts weiter dabei und verstaut das Foto schließlich, wie alle ihre Erinnerungsstücke, in einer Hutschachtel.
Einige Tage später jedoch gerät alles zur Nebensache, denn ihr Sohn Robbie hat einen Autounfall und kommt schwer verletzt ins Krankenhaus.
Da beginnt Annie, sich intensiver mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen: sie erinnert sich an die Zeit von vor zwanzig Jahren. Und plötzlich ist nichts mehr so, wie es war: Annie muss um das Leben ihres Sohnes kämpfen und auch um ihre Ehe.
Denn vor vielen Jahren hat Annie etwas getan, von dem sie niemandem erzählt hat. Etwas, das ihr ganzes Leben und vor allem die Beziehung mit ihrem Mann zerstören könnte.

Jan Ellison hat diese Geschichte auf besondere Art geschrieben: zum Einen ist es ein Brief- Roman, Annie schreibt quasi ihre Lebensgeschichte und -beichte an ihren Sohn; in der Ich- Form, in der die Leser mit „Du" angesprochen werden.
Zum anderen werden zwei Erzählstränge erzählt: heute und vor zwanzig Jahren.

Die Autorin wirft viele Fragen auf und stellt uns immer wieder vor kleine Rätsel.
Nach wenigen Seiten hat man eine ungefähre Ahnung, in welche Richtung die Geschichte gehen wird, was vollkommen in Ordnung - und ich denke auch beabsichtigt - ist.
Lediglich im letzten Drittel gibt es dann doch die ein oder andere verblüffende Überraschung, die die Handlung wunderbar abrundet.
Auch wenn das Buch keinerlei Action und dergleichen beinhaltet, hat Jan Ellison einen hochspannenden und atmosphärisch - dichten Roman geschrieben, der mit seiner Geschichte fesselt und den man kaum aus der Hand legen möchte.

Ich hoffe, dass wir von Jan Ellison noch viel zu lesen bekommen, denn ihr Erstlingswerk ist sehr vielsprechend.


3,5 Bücher

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